Rotstift bei der Förderung von MGH

Pressemitteilung
07.07.2023

Kürzung bei den Mehrgenerationenhäuser hat Folgen

Laut einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend werden die Mittel für die Mehrgenerationenhäuser ab 2024 gekürzt. Eine Streichung mit großer Signalwirkung, sind sich die Sprecherrätinnen der Landesarbeitsgemeinschaft Mehrgenerationenhäuser in Baden-Württemberg einig. Die aktuelle Förderung von 40.000 € pro Jahr wird um 5 % reduziert.

Es sind die Mehrgenerationenhäuser, die in den Krisen einspringen und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sorgen. Schon seit Einführung des Bundesprogramms 2006 und ganz besonders in den letzten Jahren, die geprägt waren von der Pandemie, dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der erneuten Flüchtlingswelle und natürlich der Energiekrise und Inflation. Die Mehrgenerationenhäuser haben schon mehrfach bewiesen, dass sie systemrelevant sind. Große gesellschaftliche Themen werden frühzeitig angepackt. So sind für die Mehrgenerationenhäuser etwa Digitalisierung, Kinderarmut oder Vereinsamung keine neuen Aufgaben, sondern schon längst im Fokus der Verantwortlichen.

Seit Jahren sind die Mehrgenerationenhäuser unter finanziellem Druck, denn für die meisten Zusatzaufgaben gibt es keine zusätzlichen Mittel. Es gibt keine langfristig gesicherte Finanzierung seitens des Bundes, das aktuelle Förderprogramm endet 2028. Andere projektbezogene Fördertöpfe bringen neue Aufgaben mit sich, oft ohne personelle Ressourcen aufzustocken. Sind die Mittel ausgelaufen, bleibt die Aufgabe oft bestehen.

Das Herausragende an den Mehrgenerationenhäusern ist, dass der Mensch in seiner Vielfalt im Mittelpunkt steht, es sind Begegnungsorte für alle Menschen jeden Alters und jeder Kultur. Diese besondere Willkommenskultur lädt die Menschen ein zu bleiben und sich im Idealfall für die Gesellschaft zu engagieren. Ehrenamt und Hauptamt ergänzen sich. Mehrgenerationenhäuser sind Orte der Demokratie, denn Beteiligung ist ausdrücklich erwünscht, und sie bieten verlässliche Strukturen im sozialen Nahraum für alle. Die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen zeigen, wie fragil unsere Gesellschaft nach den Krisen ist. Die Notwendigkeit einer guten, sozialen Infrastruktur ist deutlicher denn je.

 „Nach der Pressemitteilung des Bundesfamilienministeriums, die auch uns überraschte, sendeten unsere Mitgliedseinrichtungen schon die ersten Hilferufe“, so Katrin Ballandies aus dem Sprecherrat der Landesarbeitsgemeinschaft. Die Landschaft der Mehrgenerationenhäuser, ihre Trägerstruktur ist vielfältig, auch das ist ein besonderes Merkmal. Die Kürzung bringt einige der Einrichtungen, insbesondere die kleinen Träger wie Vereine, unvermittelt an ihre Grenzen. Einschneidend ist die Maßnahme für alle.
Die Arbeitsbelastung in den Mehrgenerationenhäuser war in den letzten Jahren sehr hoch. Haupt- und ehrenamtliche Kräfte engagieren sich aus Überzeugung, und nun müssen sie in die Planung gehen, welche Angebote gekürzt werden. Sprecherrätin Dorothea Brust-Etzel berichtet: „Im Mehrgenerationenhaus bedeutet die Mittelkürzung, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wo gestrichen wird, bei Kindern, Jugendlichen oder Familien, die noch immer mit den Folgen der Pandemie kämpfen, oder bei den Menschen, die sich integrieren möchten, oder lassen wir die einsamen, vielleicht älteren Menschen, alleine?“. Die Folgekosten für die daraus resultierenden Maßnahmen werden deutlich höher sein. Dieser kausale Zusammenhang sollte den Verantwortlichen seit Jahren bekannt sein.